Nibelungensteig im Odenwald

Der Nibelungensteig ist ein 124 km langer Fernwanderweg durch den Odenwald. Er beginnt in Zwingenberg und endet in Freudenberg am Main. Es sind insgesamt über 4000 Höhenmeter zu überwinden, was den Nibelungensteig sehr anstrengend und auch für den sportlichen Wanderer ansprechend macht. Über enge Pfade geht es auf und ab. Doch für die Unannehmlichkeiten wird man sofort wieder belohnt. Herrliche Ausblicke über lang gestreckte Täler und bewaldete Gipfel bleiben in unvergesslicher Erinnerung.

Der Nibelungensteig ist nach dem bekanntesten Nationalepos benannt, dem Nibelungenlied. Auf dem Weg kommt man an drei Orten vorbei, an denen der Held Siegfried von Hagen erschlagen worden sei. 2010 wurde dem Wanderweg das Prädikat „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ verliehen. Durch die gute Beschilderung des Nibelungensteigs mit dem N auf weißem Grund wird ein Verirren fast unmöglich. Hier geht es zu verschiedenen Wandergruppen in Baden-Württemberg.

Erste Etappe: Von Zwingenberg nach Lindenfels

Lindenfels im Odenwald (© Dieter Schütz / pixelio.de)
Lindenfels im Odenwald (© Dieter Schütz / pixelio.de)

Gleich die erste Etappe ist mit knapp 27 km eine der längsten des Nibelungensteigs. Der Wanderweg beginnt in Zwingenberg an der Bergstraße und führt von dort aus dem Ort heraus. Man gelangt direkt in den Wald hinein und es beginnt der Aufstieg zum Melibokus. Mit 517 m Höhe ist hier die erste Gelegenheit für einen Ausblick. Nach dem Abstieg geht es an dem Örtchen Balkhausen vorbei, wo eine Landstraße zu überqueren ist.

Wieder im Wald angekommen, erreicht man auch schon den Felsberg und das Felsenmeer. Die Legende besagt, dass sich hier vor langer Zeit zwei Riesen aus Langeweile mit Gesteinsblöcken bewarfen. Der eine stand am Felsberg und der andere bei Hohenstein. Der eine hatte mehr Steine zum Werfen und so entstand das Felsenmeer. Heute liegen beide unter den Gesteinsbrocken begraben und schlafen. In der Nacht kann man sie schnarchen hören.

In Wahrheit gab es vor 60 Mio. Jahren einen Einbruch, wodurch der Rheingraben entstand. Dabei brach das Gebirge ab und durch die Eiszeit wurden die Gesteine in das heutige Felsenmeer getragen. In der Zeit der Römer entstand hier ein Steinbruch. Am Fuß des Felsberg befindet sich die Siegfried-Quelle, an der Siegfried ermordet worden sei.

Dem Weg folgend, gelangt man nach Reichenbach. Der Ort wird durchquert. Als die Römer von hier verschwanden, verschwand auch die Fähigkeit der Bewohner den Steinbruch weiter zu betreiben. Erst im 19. Jahrhundert lehrten Steinmetze aus Böhmen den Bewohnern die Kunst der Steinbearbeitung. Weiter geht es zum Hohenstein Kletterfelsen, von wo aus der eine Riese die Steine warf. Von hier aus ist Schannenbach nicht mehr weit. Dort befindet sich das Schannenbacher Moor, von wo aus es weiter durch den Wald geht.

In Schlierbach angekommen, ist Lindenfels nicht mehr weit. Bereits aus weiter Ferne kann man Lindenfels sehen, da es auf einer Anhöhe liegt. Auf der Burgruine Lindenfels werden im Mai die Ritterspiele ausgetragen. In der ersten Augustwoche findet hier das Burg- und Trachtenfest statt.

Wer möchte kann diese Etappe natürlich auch in zwei Tagen bewältigen. Dafür würde sich Reichenbach als Unterkunftsort anbieten.

Zweite Etappe: Von Lindenfels nach Grasellenbach

Der zweite Tag ist mit 13 km etwas ruhiger. Von Lindenfels geht es erst einmal wieder in den Wald. Wenig später gelangt man zur Bundesstraße B47 und überquert dann die Bundesstraße B38. Dann wird der Weg wieder schmaler und beginnt anzusteigen. Nachdem es wieder bergab geht, gelangt man nach Weschnitz. Hier angekommen, ist ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt. Es bietet sich also eine Rast an.

Einen guten Kilometer hinter Weschnitz befindet sich die Walburgis-Kapelle. Hier befand sich einst eine keltische und dann eine germanische Gedenkstätte. Als die Christen kamen, erbauten sie hier zu Ehren der heiligen Walburga eine Kapelle. Am 1. Mai, zum Tag ihrer Heiligsprechung, findet zu der Kapelle eine Wallfahrt statt. Bis zum Gipfel des Kahlbergs ist es von hier aus nicht mehr weit. Dann beginnt wieder der Abstieg.

In der Nähe von Hammelbach gibt es ein Gasthaus, wo man eine Stärkung zu sich nehmen kann, bevor es weiter nach Gras-Ellenbach gehen kann. Über das Grasbachtal gelangt man nach Gras-Ellenbach. Nur unweit des Ortes befindet sich der bekannteste Siegfriedbrunnen des Odenwaldes. Von Gras-Ellenbach sind es nur 1,4 km bis dorthin und der Rückweg ist über verschiedene Rundwege möglich.

Dritte Etappe: Von Grasellenbach nach Ebersberg

Auf der Neunkircher Höhe im Odenwald (© Chris / pixelio.de)
Auf der Neunkircher Höhe im Odenwald (© Chris / pixelio.de)

Von Gras-Ellenbach zum Siegfriedbrunnen sind es nur einige hundert Meter. Von hier aus geht es weiter bergauf zum Spessartkopf. Hier ist leider keine Aussicht möglich. Nur wenig später befindet man sich wieder etwas bergab am „Roten Wasser“ von Olfen. Das Hochmoor, welches durch kalkarmes Regenwasser entstanden ist, wurde 1980 unter Naturschutz gestellt. Eine Tonschicht verhindert, dass das Wasser versickert und die rostbraune Farbe entsteht durch Braunalgen.

Über die Olfener Höhe gelangt man zum Marbachstausee. Hier geht man ein Stück am Ufer entlang und da hier auch schon mehr als die Hälfte der Tagesstrecke geschafft ist, bietet sich eine Rast in dem Gasthaus an. In gekennzeichneten Teilen des Stausees ist das Baden sogar erlaubt. Hinter dem Stausee führt der Nibelungensteig zum Himbächel-Viadukt. Dieses wurde in nur 1 ½ Jahren, von Mai 1880 bis November 1881, erbaut und ist 250 m lang und 40 m hoch. Es besteht aus 10 Bögen, die jeweils 20 m voneinander entfernt sind. Nun gelangt man nach Ebersberg, womit an diesem Tag eine Strecke von knapp 20 km zurückgelegt wurde.

Vierte Etappe: Von Ebersberg nach Hesselbach

Von Ebersbach gelangt man zum Ebersberger Felsenmeer. Die Buntsandsteine wurde von Wind und Regen über Jahrmillionen von allen Ablagerungen befreit und es sind heute feste Felsblöcke. Sie sind bis zu 5 m breit und 2 m hoch. Früher wurden diese zum Bau von Häusern und Stallungen von den Bewohnern des Örtchens Bullau verwendet. Der Weg führt bergauf zur Gebhardshütte. Die Gaststätte ist nicht immer geöffnet. Nur einen guten Kilometer weiter den Weg entlang, kommt man zum Rutschstein im Goldloch. Dies ist ein Steinblock in dem zwei parallel verlaufende und knapp 20 cm tiefe Kerben sind. Woher diese Rillen stammen, ist bis heute nicht geklärt.

Weiter geht es ins 5 km entfernte Schöllenberg. Dort gibt es eine Heilquellen, wo 1465 auch eine Wallfahrtskirche entstand. Bei Augenkrankheiten oder auch bei unerfüllten Kinderwünschen soll das Wasser der Quelle geholfen haben. Nach der Reformation verbot man die Wallfahrten und die Kirche wurde zu einer Totenkapelle. In Schöllenberg fährt auch die Odenwaldbahn, welche zwischen Eberbach und Erbach pendelt. Auf den letzten zwei Kilometern geht es noch einmal bergauf bis man in Hesselbach ankommt. Hier angelangt sind weitere 17,5 km des Nibelungensteigs zurückgelegt.

Fünfte Etappe: Von Hesselbach nach Amorbach

Schloss Waldleiningen (© Ralph-Thomas Kühnle / pixelio.de)
Schloss Waldleiningen (© Ralph-Thomas Kühnle / pixelio.de)

Die heutige Tagesetappe beginnt in Hessen und endet knapp 29 km weiter in Bayern. Mit dieser Entfernung ist der 5. Tagesabschnitt der längste des Nibelungensteigs. Von Hesselbach geht es erst Richtung Norden und dann wieder an der bayrisch-hessischen Grenzen entlang nach Süden. Man kommt am Hesselbacher Tor vorbei, welches noch weitgehend erhalten ist. Einst war es das Torgebäude des leiningischen Wildparks. Nur unweit von hier entfernt befindet sich der Drei-Länder-Stein, der seit 1873 die Grenzen von Bayern, Hessen und Baden-Würtemberg kennzeichnet.

Ein Stück bergauf auf der Hesselbacher Höhe befindet sich das Schloss Waldleiningen. Fürst Carl Friedrich von Leiningen errichtete hier 1803 einen Wildpark und ein Jagdhaus. Dies war nur von der Entschädigung für den Verlust seiner Besitztümer in der Pfalz möglich. In Gedenken an den Verlust nannte er das Gebiet Waldleiningen. Das heutige Schloss wurde jedoch erst 1828 erbaut und diente im 2. Weltkrieg als Lazarett. Heute befindet sich hier eine Psychosomatische Rehaklinik.

Über einen kleinen Fluss folgt der Abstieg in das Wiesental. Hier befindet sich Breitenbach. Der ehemalige Ort besteht heute nur noch aus zwei Häusern und einer Wallfahrtskapelle, der Wendlin-Kapelle. Im 19. Jahrhundert, als der Waldpark Waldleiningen entstand, wurden die Bewohner umgesiedelt. Hier gibt es auch Bildstöcke am Wegesrand. Diese sind von 1483 und sind damit die ältesten Bildstöcke im Odenwald. Noch einmal geht es den Berg hinauf zum Fahrenberg und dann folgt der Abstieg nach Ottorfszell im Gabelbachtal. Hier gibt es ein Gasthaus, wo man sich kurz erholen kann.

Weiter geht es bergauf nach Preunschen. Die Pfarrkirche, welche 1783 erbaut wurde, und das Waldmuseum „Watterbacher Haus“ sind Sehenswürdigkeiten dieses Ortes. Ferner findet sich hier das älteste Fachwerk-Bauernhaus, welches 1475 errichtet wurde. Zur Burg Wildenberg ist es nur einen Kilometer. Diese wurde 1200 erbaut und 1525 wieder zerstört. Nach der Zerstörung bedienten sich die Bauern der umliegenden Dörfer an den Steinen. Es wird vermutet, dass Wolfram von Eschenbach einige Passagen von seinem „Parzival“ hier verfasst hat. Die Besichtigung der Burgruine ist kostenfrei. Weiter bergab befindet sich die Hofmühle und wieder bergauf geht es nach Beuchen. Nur wenige Kilometer weiter durch den Wald trifft man auf die Zittenfelder Quelle. Auch diese wird als Siegfried-Quelle bezeichnet.

Weiter bergab gelangt man in das knapp 5 km entfernte Amorbach. Dieser Name stammt aus dem Mittelalter, als Benediktiner-Mönche den „Heiligen Amor“ erfanden und daraufhin ihr Kloster Amorbach tauften. Im Laufe der Zeit siedelte sich ein Dorf um das Kloster. Das Dorf erhielt 1253 die Stadtrechte, woraufhin Stadtmauern und Türme entstanden. Die Abtei und die Klosteranlage sind einen Besuch wert, aber auch das Templerhaus beeindruckt die Besucher. Es wurde 1291 erbaut und ist das besterhaltene Fachwerkhaus Deutschlands. Dies resultiert wahrscheinlich aus der Tatsache, dass es im Mittelalter ein befestigter Hof war.

Da der Weg von Hesselbach nach Amorbach der längste Wegabschnitt ist, kann diesen auch in zwei Tagen zurücklegen. Preunschen ist hierbei der wohl geeignetste Unterkunftsort.

Sechste Etappe: Von Amorbach nach Bürgstadt

In Miltenberg (© zaubervogel / pixelio.de)
In Miltenberg (© zaubervogel / pixelio.de)

Die vorletzte Etappe des Nibelungensteigs ist mit 15 km eine angenehme Tour. Wer Lust und Zeit hat, kann in das nicht weit entfernte Schneeberg wandern, wo sich ein Besuch der Wallfahrtskirche „Maria Geburt“ lohnt.

Zurück auf dem Nibelungensteig folgt der Aufstieg zum Gotthardsberg. Hier befindet sich der Aussichtspunkt 7-Täler-Blick, von wo aus man einen herrlichen Ausblick genießen kann. Auch eine Klosterruine ist hier zu finden. 1168 wurde in Würzburg beschlossen, dass das Castrum Frankenberg zerstört werden sollte. Man nimmt an, dass dies geschah, weil hier Raubritter ihr Unwesen trieben. Im 13. Jahrhundert wurde dann das Kloster St. Godehard erbaut, doch im Bauernkrieg 1525 wieder zerstört. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es wieder aufgebaut, um dann 1714 in Folge eines Blitzeinschlages vollständig aus zu brennen. 2010 begannen Studenten der Uni Würzburg mit den Ausgrabungen.

Es geht hinab ins Reuenthal und wieder hinauf nach Monbrunn, ein kleines Örtchen, welches auf einer Hochfläche gelegen ist. Weiter hinauf zum Ringwall Kelten-Schanze. Dies war eine Verteidigungsanlage der Kelten, deren Ringwälle mit einer Höhe von 4 m noch heute erkennbar sind. Man hat einen wunderbaren Ausblick auf das nur einen Kilometer entfernte, am Fluss gelegene Miltenberg. Doch der Abstieg nach Miltenberg zieht sich 3 km hin. In Miltenberg am Main angelangt, beeindrucken die alten Fachwerkhäuser. Erstmals wurde die Stadt 1226 erwähnt, doch das älteste Fachwerkhaus der Stadt wurde bereits 1158 erbaut. Es ist das Gasthaus „Zum Riesen“ und wird auch „Fürstenherberge“ genannt.

Bürgstadt liegt direkt neben Miltenberg und ist daher nicht mehr weit entfernt. Der Weg führt den Wanderer am Main entlang. Bürgstadt ist für seinen Wein bekannt geworden. Aber auch die Martinskapelle ist ein Besuch wert. Diese verfügt über eine besondere Innengestaltung. Die wichtigsten Szenen des Alten und Neuen Testaments sind auf 40 Medalliongemälden dargestellt.

Siebte Etappe: Von Bürgstadt nach Freudenberg am Main

Die letzte Strecke des Nibelungensteigs ist mit 10 km auch die kürzeste.

Von Bürgstadt aus folgt der Aufstieg zur Centgrafen-Kapelle. Auf einem Kilometer überwindet man 220 Höhenmeter. Der Bau der Kapelle wurde im Dreißigjährigen Krieg begonnen, doch als die schwedischen Truppen vorrückten, wurde der Bau abgebrochen. Da die Kapelle niemals fertiggestellt wurde, ist sie heute eine Bauruine. Von hier oben hat man eine wunderschöne Aussicht auf das zurückliegende Bürgstadt.

Weiter geht es auf den Wannenberg, auf dem sich der Ringwall befindet, die Überreste einer keltischen Verteidigungsanlage. Es folgt der Abstieg zum Räuberschlösschen. Dies ist eine Verteidigungsanlage aus dem Mittelalter und vermutlich der Vorgänger der Burg Freudenberg. Man nimmt an, als die Burg Freudenberg fertiggestellt war, wurde die alte Anlage nicht mehr benötigt. Die Burg Freudenberg befindet sich nur wenige Meter vor den Toren der Stadt Freudenberg. Die Burg wurde vermutlich 1197 erbaut und im Jahre 1552 wieder zerstört. Sie diente ausschließlich als Schutzburg.

Freudenberg am Main ist gleich erreicht und am Rathaus endet der Nibelungensteig. Der Altstadtkern der Stadt steht seit 2004 unter Denkmalschutz. Nun sind 124 km durch den Odenwald zurückgelegt und eine Menge interessanter Dinge und wundervoller Aussichten erblickt.